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AKTUELLES

In dieser Rubrik finden Sie unsere Publikationen zu aktuellen Themen und Rechtsfragen.

07.02.2024 | Sitzverlegung einer ausländischen Gesellschaft in die Schweiz

Die Sitzverlegung eines Unternehmens in die Schweiz kann wie auch die Wohnsitzverlegung von natürlichen Personen – siehe dazu unseren separaten Fachartikel – sehr vielfältige Hintergründe haben: Die hohen Standards, die wirtschaftlichen Vorteile, das weltweit geschätzte Finanzumfeld, Gedanken hinsichtlich Prestige und Anerkennung, aber auch Gründe wie der Schweiz zugeschrie-bene Neutralität, Zurückhaltung und Verlässlichkeit.


1. Einführung: Eine Sitzverlegung einer ausländischen Gesellschaft in die Schweiz ist kein Ding der Unmöglichkeit, hängt jedoch zunächst wesentlich davon ab, ob das Recht des Wegzugsstaat eine solche Verlegung überhaupt zulässt. Kann dies bejaht werden, so kann ein Wechsel in die Schweiz meist betrieblich lukrativ sein; er sollte jedoch nicht durch Unerfahrenheit und Beratungslosigkeit teuer bezahlt werden müssen. Der Sitzverlegung aus dem Ausland in die Schweiz wohnen rechtliche und steuerliche Besonderheiten inne. Mit dem vorliegenden Artikel möchten wir Sie an das Thema der Sitzverlegung einer ausländischen Gesellschaft in die Schweiz aus Schweizer Sicht heranführen und Ihnen aufzeigen, dass mit professioneller Begleitung auch schwierig erscheinende Vorhaben strukturiert und ohne grosse Stolpersteine bewältigt und umgesetzt werden können.


2. Rechtliche Basis und Voraussetzungen: Gemäss Art. 161 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) kann sich eine ausländische Gesellschaft ohne vorgängige Liquidation und anschliessende Neugründung dem schweizerischen Recht unterstellen, wenn (1) das ausländische Recht dies zulässt, (2) die Gesellschaft die vom ausländischen Recht statuierten Voraussetzungen erfüllt und (3) die Anpassung an eine schweizerische Rechtsform möglich ist. Der zuletzt genannte Punkt ist insofern von grosser Bedeutung, als nicht alle auf der Welt existierenden Rechtsformen auch mit dem sogenannten Schweizer Numerus Clausus der Gesellschaftsformen kompatibel sind. Man spricht bei der Verlegung einer ausländischen Gesellschaft in die Schweiz ohne Liquidation und Neugründung gemäss Art. 161 IPRG auch von einer Immigration. Der Bundesrat kann zudem die Unterstellung unter das schweizerische Recht gestützt auf Art. 161 Abs. 2 IPRG unabhängig von den Bestimmungen des ausländischen Rechts zulassen, insbesondere wenn erhebliche schweizerische Interessen es erfordern.


3. Formalitäten: Die hiesige Sitznahme ist an eine Handvoll Formalitäten geknüpft und die Beibringung unterschiedlicher Originalbelege ist konstituierend für die rechtsgültige Sitzverlegung. Dies ergibt sich im wesentlichen aus dem IPRG (Art. 161) und der Schweizer Handelsregisterverordnung (HRegV, Art. 126).
Weichenstellend ist wie bereits eingangs erwähnt die Frage, ob das Recht des Wegzugsstaats eine Umwandlung in eine der Schweiz bekannte Gesell-schaftsform überhaupt zulässt oder nicht (sog. Zulässigkeit der grenzüber-schreitenden Sitzverlegung). Die Antwort erfolgt in Form einer Bewilligung des Eidgenössischen Justiz- und Poli-zeidepartement (EJPD, vgl. Art. 126 Abs. 2 lit. b HRegV), einer Erklärung des Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung mit Sitz in Lausanne (SIR/ISDC) oder durch eine Erklärung von legitimierten ausländischen Behörden, Institutionen oder dazu befähigten natürlichen Personen.
Vor dem Hintergrund des angesprochenen Numerus Clausus der Schweizer Gesellschaftsformen ist sodann die Einholung des Nachweises erforderlich, dass die Anpassung der ausländischen Gesellschaft an das schweizerische Recht möglich ist (sog. Nachweis der Anpassung an das schweizerische Recht gem. Art. 161 Abs. 1 i.V.m. 126 Abs. 2 lit. c HRegV). Eine ausländische Gesellschaft kann sich also aufgrund des Schweizer Typenzwangs nur dann dem Schweizer Recht unterstellen, wenn sie sich strukturell und typologisch dem Schweizer Recht anzupassen vermag. Um ein etwas problematisches, aber nicht aussichtsloses Beispiel zu nennen, kann hier die liechtensteinische Anstalt erwähnt werden, die in der Schweizer Rechtsordnung keine Entsprechung fin-det.
Kann die Frage der zulässigen Sitzverlegung und die Möglichkeit der Anpassung an das Schweizer Recht bejaht werden, so ist eine öffentliche Urkunde über ebendiese Sitzverlegung sowie über die Anpassung der Statuten an das schweizerische Recht notwendig; eingeschlossen ist ein beglaubigtes Exemplar der neuen Gesellschaftsstaututen. Die Prüfung letzterer folgt dabei der gleichen Examination wie bei einer Neueintragung ins Schweizer Handelsregister.
Sodann braucht es einen Auszug aus dem Handelsregister am Wegzugsort der Gesellschaft oder eine entsprechende beglaubigte und apostillierte bzw. überbeglaubigte Bescheinigung über den Bestand der in Frage stehenden Gesellschaft (vgl. Art. 126 Abs. 2 lit. a HRegV).
Aus Art. 162 Abs. 1 IPRG folgt das nächste Erfordernis, nämlich eine Bestätigung der Gesellschaftsverwaltung, dass der Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit tatsächlich in die Schweiz verlegt wurde. Um diesem Erfordernis Genüge zu tun, wird verlangt, dass die Gesellschaft zumindest über minimale Lokalitäten zur Ausübung der Verwaltungstätigkeit in der Schweiz verfügt.
Handelt es sich bei der verlegenden Gesellschaft zudem um eine Kapitalge-sellschaft, so hat gem. Art. 162 Abs. 3 IPRG ein zugelassener Revisionsexperte gem. Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) zu bestätigen, dass das ausgewiesene Grundkapital der Gesellschaft gedeckt ist und die Sitzverlegung mit dem schweizerischem Recht vereinbar ist. Bei Personengesellschaften entfällt dieses Erfordernis.
Schliesslich sind zwei wichtige Erklärungen vorausgesetzt. So ist dies einerseits die sogenannte Lex Friedrich-Erklärung, mit der die Gesellschaft erklärt, dass sie nicht gegen das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG, vgl. Art. 2 Abs. 1, auch Lex Koller genannt) verstösst und/oder sie keine Bewilligung im Sinne dieses Gesetzes benötigt. Das entsprechende kantonale Formular muss jenem kantonalen Handelsregisteramt übermittelt werden, wo die ehemals ausländische Gesellschaft ihren Sitz haben wird. Andererseits ist auch die sogenannte Stampa-Erklärung Kriterium für die rechtsgültige Sitzverlegung. Juristisch verankert ist sie in Art. 628 Abs. 2 Schweizer Obligationenrecht (OR) sowie in der HRegV. Mit der Stampa-Erklärung erklärt die Gesell-schaft, das Nichtvorhandensein von besonderen Vorteilsgewährungen oder -zusicherungen für die Gründer und dass keine anderen Sachwerte oder Verrech-nungstatbestände übernommen werden, als die aus den Handelsregisterbelegen und Statuten bereits ersichtlichen. Als Besonderheit ist hier anzumerken, dass bis vor kurzem die Stampa-Erklärung noch als separate Erklärung erfolgen musste. Mit der kürzlich in Kraft getretenen Revision der Handelsregisterverordnung (seit dem 1. Januar 2021; siehe dazu der Beitrag in der März Ausgabe unseres «KMU kompakt»), ist nicht mehr eine separate Erklärung einzureichen, sondern es genügt die entsprechende Erklärung in den Staututen oder Handelsregisterbelegen.
Die wohl herrschende Lehre in der Schweiz sieht für eintragungspflichtige Gesellschaften den tatsächlichen Eintrag ins Schweizer Handelsregister mit den vorgenannten erforderlichen Formalitäten als letzten erforderlichen Schritt der Sitzverlegung in die Schweiz und misst ihm insofern konstitutiven Charakter zu. Nicht eintragungspflichtige Gesellschaften wie Vereine oder Stiftungen ohne kaufmännisches Gewerbe hingegen unterstehen gem. Art. 162 Abs. 2 IPRG bereits dann Schweizer Recht, sobald der Wille zur Unterstellung unter Schweizer Recht deutlich erkennbar ist, eine genügende Beziehung zur Schweiz besteht und die Anpassung ans Schwei-zer Recht entsprechend Art. 161 Abs. 1 IPRG erfolgt ist.


4. Steuerfolgen
4.1. In der Schweiz: Eine Sitzverlegung in die Schweiz kann neben den rechtlichen Aspekten auch aus steuerlicher Sicht sehr attraktiv sein – und das für Gesellschaften aller Bran-chen. Die wohl wichtigste Besonderheit des Schweizer Steuersystems liegt nämlich in der Existenz der 26 souveränen Kantone mit je eigener Steuerhoheit. Dadurch bestehen in der Schweiz teilweise stark divergierende kantonale Besonderheiten in Bezug auf die Steuerpolitik, die es bei der Sitzverlegung in die Schweiz nicht zu unterschätzen gilt. Schweiz ist eben nicht gleich Schweiz. Entsprechend empfiehlt sich eine eingängige und einzelfallbezogene vorgängige Standortevaluation und Steuerplanung für die jeweilige Gesellschaft. Spezielles Augenmerk ist insbesondere auf die erheblich unterschiedliche kantonale Wirtschaftsförderung zu richten. Auch standortspezifische Anreize wie z.B. die sog. «tax holidays», d.h. Steuererleichterungen/-befreiungen für bis zu 10 Jahren für ansiedelnde und Arbeitsplätze schaf-fende Unternehmen, sind vor der Sitzverlegung in Erwägung zu ziehen.
Bei Immigration von Kapitalgesellschaften in die Schweiz stellen sich unter anderem weitere Fragen im Bereich Gewinn- und Verrechnungssteuern, stillen Reserven und Emissionsabgaben, die es vor der Sitzverlegung zu antizipieren gilt.

4.2. Im Wegzugsland: Auch im Wegzugsland können bei einer Sitzverlegung noch steuerliche Effekte eintreffen, die es – trotz u.U. bi- oder multilateralen Abkommen – unter keinen Umständen zu vernachlässigen gilt. So sehen zum Beispiel einige Länder eine Wegzugsbesteuerung, die allfällige Offenlegung von stillen Reserven oder eine Liquidationsbesteuerung vor. Ohne genaue und vor allem nicht auf den Einzelfall zugeschnittene Planung und Überlegungen kann die Sitzverlegung schnell zum Alptraum werden.
Unsere Erfahrung und unsere internationale Vernetzung erlaubt uns die erfor-derliche umfassende und pragmatisch-effiziente Beratung, damit die Durchführung Ihrer Sitzverlegung in die Schweiz zu einem vollen Erfolg wird. Wir laden Sie herzlich zur Kontaktaufnahme ein und freuen uns, Sie und Ihre Bedürfnisse kennen zu lernen.

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MLaw Veysel Oruclar
Advokat und Steueranwalt
T +41 61 555 13 20 | veysel.oruclar@atag-law.ch

13.04.2023 | Zusatzabzug für Forschung & Entwicklung – Fluch oder Segen?

Am 19. Mai 2019 hat das Schweizer Stimmvolk das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) angenommen und somit den Kantonen die Möglichkeit eingeräumt, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich zu entlasten. Gestützt auf STAF können die Kantone seit dem 1. Januar 2020 für den Forschungs- und Entwicklungsaufwand, der im Inland angefallen ist, fakultativ einen zusätzlichen Abzug von maximal 50% bei der kantonalen und kommunalen Gewinnsteuer vorsehen. Auf Bundesebene wird kein zusätzlicher Abzug gewährt.

Sofern die Kantone den Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwand in ihre Steuergesetze aufnehmen, müssen sie Art. 25a des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) beachten. Neben juristischen Personen mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung in der Schweiz und selbständig erwerbenden Steuerpflichtigen können auch Schweizer Betriebsstätte ausländischer Gesellschaften den Zusatzabzug beanspruchen.

Forschungs- und Entwicklungsbegriff nach Art. 25a StHG


Bezüglich der Begriffe Forschung und Entwicklung verweist Art. 25a Abs. 2 StHG auf Art. 2 des Bundesgesetzes über die Förderung der Forschung und Innovation (FIFG), wobei die Begriffe "Forschung und Entwicklung", "wissenschaftliche Forschung" und "wissenschaftsbasierte Innovation" gleichbedeutend sind. Des Weiteren unterteilt das FIFG die wissenschaftliche Forschung in zwei Gruppen, nämlich in die Grundlagenforschung und in die anwendungsorientierte Forschung. Die Grundlagenforschung dient primär dem Erkenntnisgewinn, wohingegen die anwendungsorientierte Forschung praxisbezogene Problemlösungen erarbeitet. Somit beinhaltet wissenschaftliche Forschung fünf kumulativ erforderliche Grundsätze:

  • die Gewinnung von neuen Erkenntnissen;
  • auf originären, nicht offensichtlichen Konzepten und Hypothesen beruhend;
  • Ungewissheit bezogen auf das Endergebnis;
  • einem Plan folgend und budgetiert;
  • zu Ergebnissen führend, die reproduzierbar sind.

Bei der wissenschaftsbasierten Innovation steht die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren, Prozesse und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft durch Forschung, insbesondere anwendungsorientierte Forschung, und die Verwertung ihrer Resultate im Vordergrund. Folglich muss die Innovation das Ergebnis von wissenschaftlicher Forschung sein und die oben genannten Grundsätze der Forschung zwingend erfüllen, um unter das FIFG subsumiert werden zu können.

Aufwendungen für die Markteinführung und -verwertung fallen nicht unter den Forschungs- und Entwicklungsbegriff nach Art. 25a StHG und qualifizieren somit nicht für den Zusatzabzug für Forschung und Entwicklung. Unter Aufwendungen für die Markteinführung fallen jegliche Massnahmen für die Marktbearbeitung im Zusammenhang mit Produkten, Dienstleistungen und Innovationen aller Art und die damit verbundenen vor- und nachgelagerten Aufwendungen. Demgegenüber gehören Massnahmen in Bezug auf den Verkauf oder Handel von Grundlagenforschung, Forschungsergebnissen, Innovationen und Technologien sowie Produkten und Dienstleistungen zu den Aufwendungen für die Marktverwertung.

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es wünschenswert ist, wenn die kantonalen Steuerbehörden den Begriff der Forschung und Entwicklung möglichst breit auslegen, um der vom Gesetzgeber angestrebten inländischen Innovationsförderung gerecht zu werden.

Berechnungsgrundlage


Auf Antrag können die Kantone Forschungs- und Entwicklungsaufwand, welcher der steuerpflichtigen Person direkt oder durch Dritte im Inland indirekt entstanden ist, um höchstens 50% über den geschäftsmässig begründeten Forschungs- und Entwicklungsaufwand hinaus zum Abzug zulassen.

Bei Eigenaktivitäten ist auf den direkt zurechenbaren Personalaufwand abzustellen. Dabei ist der Lohn- und Sozialversicherungsaufwand massgebend. Hinzu kommt ein Zuschlag von 35% dieses Personalaufwands. Damit werden die übrigen Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen wie beispielsweise Mietanteile und Infrastrukturkosten sowie der Aufwand für bestimmte Forschungsinstrumente oder -geräte pauschal abgegolten, wobei der gesamte Forschungs- und Entwicklungsaufwand des Unternehmens nicht überschritten werden darf.

Wird die Forschung im Inland in Auftrag gegeben, so ist der erhöhte Abzug im Umfang von 80% des vom Auftragnehmer fakturierten Betrags zulässig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Auftragsforschung von Konzerngesellschaften oder von unabhängigen Dritten ausgeführt wird. Allerdings ist zu beachten, dass dem Auftragnehmer kein Abzug zusteht, wenn der Auftraggeber der Forschung und Entwicklung abzugsberechtigt ist.

Für jede Steuerperiode muss der qualifizierende Zusatzabzug für Forschung und Entwicklung neu berechnet und belegt werden, wobei das gesetzlich festgelegte Berechnungskonzept nicht zu kompliziert ist, so dass der Zusatzabzug für viele KMU im Einzelfall eine attraktive Steuerersparnismöglichkeit darstellen kann.

Kantonale Umsetzung

Wie bereits erwähnt, ist die Einführung eines Zusatzabzugs für Forschungs- und Entwicklungsausgaben nach Art. 25a StHG für die Kantone fakultativ. So hat zum Beispiel der Kanton Basel-Stadt darauf verzichtet, einen solchen zusätzlichen Abzug in ihr Steuergesetz aufzunehmen. In den meisten anderen Kantonen aber – darunter Zürich, Zug, Aargau und Solothurn – profitieren die Unternehmen von einem Zusatzabzug von bis zu 50% über den geschäftsmässig begründeten Aufwand hinaus.


Verhältnis zur Patentbox

Die Patentbox nach Art. 24a und 24b StHG entlastet steuerlich den Gewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten. Im Gegensatz dazu werden mit dem Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwand die Aufwendungen für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Inland einer steuerlichen Begünstigung zugeführt.

Wird der Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen beansprucht, so schliesst dies die spätere Geltendmachung der Patentbox nicht aus. Allerdings sind die bereits in den vorangehenden Jahren geltend gemachten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen einschliesslich Zusatzabzug beim Eintritt in die Patentbox als Gewinn zu besteuern. Auf welche Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt die Kantone die Besteuerung der bereits geltend gemachten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen einschliesslich Zusatzabzug beim Eintritt in die Patentbox sicherstellen wollen, ist ihnen überlassen.

Bei gleichzeitiger Inanspruchnahme der Patentbox und des Zusatzabzugs für Forschungs- und Entwicklungsaufwand ist dieser auf die verschiedenen Patentboxen anteilig aufzuteilen. Der Restbetrag, der keinem Patent zugeordnet werden kann, ist separat auszuscheiden. Dadurch wird gewährleistet, dass der Forschungs- und Entwicklungsaufwand den entsprechenden Erträgen gegenübersteht und die betroffenen Patentboxgewinne entsprechend gekürzt werden können.

 


Fazit


Der zusätzliche F&E Abzug stellt für innovative Unternehmen eine attraktive Möglichkeit dar, um die eigene Steuerbelastung zu reduzieren. Zu empfehlen ist allerdings eine branchenspezifische und einzelfallbezogene Betrachtung.

13.04.2023, von MLaw Veysel Oruclar

 

Haben Sie Fragen zu Ihren individuellen Möglichkeiten hinsichtlich eines zusätzlichen F&E Abzugs oder eine andere Frage zum nationalen und internationalen Gesellschafts- und Steuerrecht? Herr Veysel Oruclar, Advokat und Steueranwalt und Team stehen Ihnen für Ihre Anliegen gerne zur Verfügung. 

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MLaw Veysel Oruclar
Advokat und Steueranwalt
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16.11.2022 | ATAG Swiss Trustees AG erhält die begehrte Trustee-Zertifizierung der FINMA

ATAG Swiss Trustees AG stellt die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft. Sie erhält von der Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA die Bewilligung als gewerbsmässiger Trustee gemäss Finanzinstitutsgesetz (FINIG). ATAG Swiss Trustees AG gehört zu den Lizenzinhaberinnen der ersten Stunde und zählt somit zu den ca. 5% Trustees in der Schweiz, die die begehrte Zertifizierung erlangt haben.

(Basel) Trustees, die ihre Tätigkeit vor dem 1. Januar 2020 aufgenommen haben, benötigen bis Ende 2022 neu eine Bewilligung der Finanzmarktaufsicht FINMA. Die in Basel domizilierte ATAG Swiss Trustees AG, die zur ATAG Gruppe gehört, hat den sehr anspruchsvollen Bewilligungsprozess erfolgreich durchlaufen und die Zertifizierung der FINMA erhalten. ATAG Swiss Trustees ist unter den ersten ca. 5 % der ca. 330 Schweizer Trustees der Schweiz, was den Erhalt der begehrten Zertifizierung gemäss Finanzmarktinstitutsgesetz (FINIG) anbelangt.

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Gabriele Perregaux, Geschäftsführerin und Dr. Igor Rusek, Mitglied des Verwaltungsrates ATAG Swiss Trustee AG

«Das Dienstleistungsportfolio der ATAG Gruppe umfasst seit ihrer Gründung im Jahr 1917 die Betreuung und Errichtung von Trusts. Als einer der ersten zertifizierten Trustees der Schweiz setzen wir diese Tradition auch unter dem neuen Recht fort», erläutert Dr. Igor Rusek, Mitglied des Verwaltungsrats der ATAG Swiss Trustees AG. «Der ganze Lizenzierungsprozess war eine echte Herausforderung für unser Team und wir freuen uns nun ausserordentlich, das Ziel erreicht zu haben!».

«Wir sind froh und stolz, dass wir als ‘early bird’ von der FINMA als Trustee zertifiziert wurden», fügt Gabrielle Perregaux, Geschäftsführerin der ATAG Swiss Trustees AG hinzu. «Die Zertifizierung erlaubt es uns, langfristig zu planen und unserer internationalen Mandantschaft auch weiterhin alle nachgefragten Dienstleistungen anzubieten. Ergänzend hierzu zählen insbesondere auch Leistungen unseres ATAG Family Offices sowie derjenigen der Advokaten bei der Wirtschaftskanzlei ATAG Law.»

Um die Bewilligung als Trustee zu erhalten, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem ein angemessenes Risikomanagement, interne Kontrollen, entsprechendes Eigenkapital oder adäquate Sicherheiten. Die für Schweizer Trustees per 1. Januar 2023 verlangte Zertifizierung ist eine Gewährleistung für die gewohnt hohe Qualität des Finanzplatzes Schweiz.

Kontakt

Gabrielle Perregaux, Geschäftsführerin und Dr. Igor Rusek, Mitglied des Verwaltungsrats
E-Mail: contact@atag-swisstrustees.ch
Tel. +41 (0)61 564 65 65

Über ATAG PCS AG und ATAG Swiss Trustees AG

Die ATAG Private & Corporate Services AG wurde 1917 als ATAG Allgemeine Treuhand AG in Basel gegründet. Ab 1960 gehörte sie zum internationalen Netzwerk von Ernst & Young, 2001 ging sie in den Besitz der heutigen Partner über. 2016 entstanden unter der Marke ATAG zur Erfüllung der Bedürfnisse der Mandantschaft die ATAG Advokaten AG, eine international tätige Kanzlei für Wirtschafts- und Steuerrecht, und das ATAG Family Office. Die ATAG Swiss Trustees AG, vormals Gérance Trust AG, wurde im Jahr 1945 gegründet und führt ihre Dienstleistungen nun als zertifizierter Trustee unter neuem Namen und in gewohnter Qualität fort. Mehr Informationen unter www.atag-swisstrustees.ch.

30.03.2022 | Die Erbrechtsrevision tritt am 1. Januar 2023 in Kraft

Die Modernisierung des Erbrechts steht unmittelbar bevor, um den gesellschaftlichen Realitäten und vielfältigen Lebensformen in der heutigen Zeit auch aus erbrechtlicher Sicht gerecht zu werden. Die Gesetzesänderung kommt beispielsweise daher, dass im Ursprung die Pflichtteilsquoten zur Existenzsicherung der Hinterbliebenen und des Familienvermögen dienten, heute aber davon ausgegangen werden kann, dass die Absicherung durch Sozialversicherungen gewährleistet ist, falls die Hinterblieben nicht selbst gut versorgt sein sollten. Die Pflichtteilsherabsetzung führt beispielsweise bei den zahlreichen Lebensgemeinschaften ohne Trauschein zu mehr Flexibilität für den Erblasser (höhere verfügbare frei verfügbare Quoate) und auch bei der Nachfolgeregelung von Familienunternehmen kommen die neuerdings herabgesetzten Pflichtteilsansprüche der Testamentserrichtung zugute. Was sich jedoch nicht ändert sind die gesetzlichen Erbteile, welche für die Nachlassteilung bei fehlendem Testament zum Zuge kommen.

Nach Ablauf der ungenutzten Referendumsfrist hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 19. Mai 2021 entschieden, das revidierte Erbrecht auf den 1. Januar 2023 in Kraft zu setzen. Bis dahin ist Ihnen zu empfehlen, dass Sie prüfen, ob ihr Testament unter neuem Recht immer noch ihrem Willen entspricht.

Im Einzelnen sollten Sie Folgendes prüfen:

1.       Herabsetzung der Pflichtteile

Den Erblassern soll mehr Handlungsspielraum für ihre Nachlassverwaltung ermöglicht werden; insbesondere durch die Senkung respektive teilweise Aufhebung der Pflichtteilsquoten, woraus eine höhere frei verfügbare Quote resultiert, die wiederum Möglichkeiten schafft. Konkret wird der Pflichtteil gegenüber den Eltern gestrichen und der Pflichtteil der Nachkommen von ¾ auf ½ reduziert. Der Erblasser erhält damit mehr Möglichkeiten, beispielsweise den Konkubinatspartner in einem Testament zu berücksichtigen. Weiter können auch Vereine und Stiftungen im Rahmen der Pflichtteilsherabsetzung von der Erbrechtrevision 2023 profitieren. So stehen beispielsweise Kunstliebhabern weitergehende Möglichkeiten zur Nachlassplanung ihrer Kunstsammlungen offen.

2.       Ehegattenbegünstigung

Im Rahmen der Ehegattenbegünstigung gegenüber den gemeinsamen Kindern wird der Nutzniessungsanteil vergrössert. Neu kann geregelt werden, dass dem überlebenden Ehegatten ½ anstelle von ¼ des Nachlasses zu Volleigentum und entsprechend ½ anstelle von ¾ zur Nutzniessung zugewendet wird. Die Verfügungsfreiheit gegenüber dem Ehegatten wird mit der Erbrechtsrevision somit bedeutend ausgeweitet.

3.       Pflichtteile bei Scheidung

Neu ist auch der Verlust des erbrechtlichen Pflichtteils des Ehegattens während einem hängigen Scheidungsverfahren. Der Pflichtteil entfällt, sobald sich die Ehegatten in einem Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren hin oder in einem Scheidungsverfahren nach der zweijährigen Trennungsfrist befinden; bisher wurde die Erbberechtigung bis zum rechtskräftigen Urteil aufrechterhalten. Da ein solches Ehescheidungsverfahren lange dauern kann, wird mit der Anpassung eine zufällige Vererbung an den ehemaligen Partner wegen eines während des Scheidungsverfahrens eintretenden Todesfalls verhindert.

4.       Unternehmensnachfolge

Durch die Herabsetzung der Pflichtteile wird es dem Erblasser erleichtert einen grösseren Erbteil an eine Drittperson oder ein Familienmitglied zukommen zu lassen, wodurch die Nachfolge von Familienunternehmen mit einem Grossteil des Vermögens in der Firma leichter übertragen werden kann, ohne dass das Unternehmen geteilt oder verkauft werden muss. Darüberhinausgehende, weitere Revisionsbestrebungen des Erbrechts zur Steigerung der Stabilität von Familienunternehmen und der Sicherung von Arbeitsplätzen bei einer familieninternen Unternehmensnachfolge sind vom Bundesrat geplant.

5.       Übergangsbestimmungen

Die unter altem Recht verfassten Testamente und Erbverträge bleiben gültig. Der massgebliche Anknüpfungspunkt für das Übergangsrecht ist gemäss Art. 15 und 16 SchlT ZGB der Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Ab dem Inkrafttreten der Bestimmungen am 1. Januar 2023 gelten somit die revidierten Bestimmungen für alle Todesfälle, auch wenn ein Testament oder ein Erbvertrag vor Inkrafttreten der Revision und damit unter altem Recht verfasst oder abgeschlossen wurde.

05.04.2022, von MLaw Evita-Lea Hübscher, LL.M. und Prof. Dr. Nicole Conrad-Forker, LL.M.

 

Haben Sie Fragen oder möchten Sie wissen, wie die individuelle und optimale Gestaltung ihres Nachlasses aussehen könnte? Oder möchten Sie ein bereits vorhandenes Testament oder einen Erbvertrag auf das neue Recht hin überprüfen lassen? Wir stehen Ihnen als Kanzlei für ihre Anliegen zur Verfügung und beraten Sie gerne zu Erbrecht sowie zur Ihrer Unternehmensnachfolge.

Prof. Dr. Nicole Conrad, LL.M.

MLaw Evita-Lea Hübscher, LL.M.
Volontärin
T +41 61 555 13 36 | evita-lea.huebscher@atag-law.ch

und

Prof. Dr. Nicole Conrad-Forker, LL.M.
Rechtsanwältin, Partner
T +41 61 555 13 10 | nicole.conrad@atag-law.ch

 


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01.03.2022 | Selbsthilfe im Nachbarrecht? Warum Sie zuerst mit Ihrem Nachbarn oder Ihrer Nachbarin reden müssen, bevor Sie die Gartenschere zücken

Überhängende Äste, damit verbunden ätzendes Laub und überschreitende Wurzeln aus Nachbars Garten verleiten dazu, vorschnell gestutzt und vernichtet zu werden. Zu Recht? Nein, denn das im Schweizerischen Zivilgesetzbuch ausdrücklich normierte Kapprecht als Selbsthilferecht im Nachbarschaftsverhältnis darf nur dann in Anspruch genommen werden, wenn auch die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Seien Sie also umsichtig, jetzt da der Frühling naht und die Gartenschere auf ihren baldigen Einsatz wartet.

Art. 687 ZGB normiert, dass der Nachbar überragende Äste und eindringende Wurzeln kappen und für sich behalten kann, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden.

Was bedeutet dies im Einzelnen?

Zuerst das Gespräch suchen, dann die Gartenschere zücken: Suchen Sie trotz möglicher innerer Hemmungen zunächst das (klärende) Gespräch mit Ihrer Nachbarin oder Ihrem Nachbarn. Sie werden erstaunt sein, wie oft sich Ungereimtheiten und Herausforderungen bereits durch das aufeinander Zugehen schnell und dauerhaft lösen können. Finden Sie keine Einigung und bewirkt das Gespräch kein Einsehen, können Sie ein etwaiges Kapprecht erwägen.

Prüfen Sie, ob die Voraussetzungen für die Ausübung des Kapprechts vorliegen:

1. Handelt es sich um grenzübergreifende Äste und Wurzeln, die eine Schädigung ihres Nachbargrundstücks bewirken? Ihr Eigentum muss für die Ausübung des Kapprechts durch die nachbarlichen Pflanzen juristisch betrachtet "beschädigt" werden. In diesem Fall bedeutet eine Schädigung, dass wegen der überragenden Pflanze entweder ein Kulturschaden vorliegt oder eine übermässige Beeinträchtigung vorliegt wie z.B. durch Behinderung in der Bewirtschaftung, übermässige Feuchtigkeit infolge Schattenwurf, oder wenn wegen Laub-, Nadel oder Blütenfall aufwändige wiederkehrende Reinigungsarbeiten nötig sind. Die Schädigung muss zudem objektiv betrachtet "erheblich" sein. Ihr subjektives Empfinden müssen Sie an dieser Stelle einer Überprüfung unterziehen.

2. Beschweren Sie sich bei Ihrem Nachbarn bzw. Ihrer Nachbarin und setzen Sie Ihm bzw. Ihr eine angemessene Nachfrist zur Beseitigung der störenden und eindringenden Äste und Wurzeln. Bei der Frist müssen Sie jedoch der Vegetationsperioden, der Pflanzenart und auch der Intensität der Störung Rechnung tragen. Anstehende Bauarbeiten sind ebenfalls entsprechend zu berücksichtigen. Aus Beweisgründen empfehlen wir Ihnen hier einen eingeschriebenen Brief. Anzumerken ist hier sodann, dass Sie der Eigentümerin, die ihre überragenden Äste und Wurzeln zurückschneiden will, Zugang zu ihrem Grundstück zur Ausführung des Schnittes oder zum Beseitigen der geschnittenen Teile gewähren müssen. Verwehren können Sie den Zugang zur Unzeit oder falls Sie nicht vorgängig um Zugangsgewährung ersucht wurden. Von selbst versteht sich, dass allfällig durch das Zurückschneiden entstandener Schaden vom Verursacher zu ersetzen ist.

3. Schneiden Sie, oder lassen Sie schneiden: Reagiert Ihr Nachbarn bzw. Ihre Nachbarin nicht innerhalb der angemessenen Frist, dürfen Sie Ihr Kapprecht im Sinne eines "letzten Auswegs" ausüben. Wichtig hierbei ist, dass Sie die Pflanzen fachmännisch zurückschneiden (lassen) und dies nur bis zur Grundstücksgrenze. Das dadurch anfallende Holz dürfen Sie behalten. Allfällig anfallende Kosten müssen grundsätzlich Sie übernehmen, es sei denn, Sie klagen alternativ beim zuständigen Richter auf Beseitigung der z.B. überhängenden Äste. Je nach Umfang der störenden Situation macht dies durchaus Sinn. Im Hinterkopf zu behalten ist jedoch, dass wenn Sie das Kapprecht zu Unrecht ausüben, Sie eventuell schadenersatzpflichtig werden und im ungünstigsten Fall sogar vor Gericht landen.

An seine Grenzen stösst das Kapprechts, wenn eine Pflanze durch natur- und heimatschutzrechtliche, raumplanerische oder andere Massnahmen des öffentlichen Interesses in ihrer Daseinsberechtigung geschützt ist. Grundsätzlich gilt, dass dass die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Pflanzen dem Privatrecht vorgehen. Dies stellt ein Herausforderung dar, wenn ein Pflanzeneigentümer nachbarrechtlich zwar zur Beseitigung oder zum Zurückschneiden seiner Pflanze verpflichtet ist, andererseits die Erhaltung der Pflanze durch eine öffentlich-rechtliche Vorschrift Bestand hat. In einer solchen Situation ist im Baubewilligungsverfahren zu prüfen, wie mit der geschützten Pflanze umzugehen ist und ob allenfalls in einem Bauprojekt Schutzmassnahmen zu Gunsten des Baumes angeordnet werden. Je nachdem kann versucht werden, die Aufhebung der Unterschutzstellung zu erwirken. Ob das gelingt, ist jedoch jeweils einzelfallabhängig.

Im Gegensatz zu den kantonal und kommunal geregelten nachbarrechtlichen Vorschriften über Grenzabstände und Höhen von Hecken, Sträuchern und Bäume ist das Kapprecht abschliessend auf Bundesebene, d.h. einheitlich geregelt. Es ist zudem unverjährbar, was bedeutet, dass das Diskussionsargument "die Pflanze sei schon seit Jahren dort" nicht zieht. Steht eine Pflanze ganz genau auf der Grenze zwischen zwei Grundstücken, so stehen sie zudem im Miteigentum der Nachbarn, sofern nicht etwas anderes vereinbart, ortsüblich oder vorgeschrieben ist (vgl. ZGB 670).

Vom Kapprecht zu unterscheiden ist sodann das nachbarrechtlich begründete Recht auf Anries (vgl. Art. 687 Abs. 2 ZGB). Das bedeutet, dass Sie die Früchte von herüberhängenden Ästen grundsätzlich ohne Entschädigung an sich nehmen dürfen. Das Recht gilt aber nur in Bezug auf bebauten oder überbauten Boden, nicht aber im Wald sowie bei Ästen, die auf öffentliche Strassen überragen.

01.03.2022, von MLaw Anina Linz, LL.M.

 

Streiten Sie schon oder möchten Sie präventiv Ihre (Nachbar-)Rechte abklären? Wir beraten Sie gerne und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme sowohl per E-Mail als auch per Telefon. 

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MLaw Anina Linz, LL.M.
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21.01.2022 | Abzugsfähigkeit von geschäftsmässig begründeten Aufwendungen bei juristischen Personen


In der Schweiz entrichten juristische Personen eine Steuer auf ihrem Reingewinn, die sogenannte Gewinnsteuer.

Der steuerbare Reingewinn ist einfach ausgedrückt der von einer Gesellschaft während eines Geschäftsjahres erzielte und um die Aufwendungen gekürzte Ertrag. Die Steuergesetze sprechen auch von dem nach den Grundsätzen des Handelsrechts ermittelten Saldo der Erfolgsrechnung unter Vornahme gewisser Korrekturen; letztere sowohl verstanden als Aufrechnungen als auch als Abzüge.

Für die Ermittlung dieses steuerbaren Reingewinns spielt dabei insbesondere die Abzugsfähigkeit von geschäftsmässig begründeten Aufwendungen bei juristischen Personen, wie beispielsweise Aktiengesellschaft oder GmbH, eine nicht unerhebliche Rolle.

1. Begriff der geschäftsmässig begründeten Aufwendungen


Unter den für juristische Personen abzugsfähigen geschäftsmässig begründeten Aufwendungen sind zu verstehen grundsätzlich die mit der Erzielung des Umsatzes oder der Produktion zusammenhängenden Kosten. M.a.W. sind solche Aufwendungen in der Unternehmenssteuererklärung abziehbar, die in Erfüllung des Gesellschaftszweckes getätigt werden, unbeachtlich, ob der mit dem Aufwand geplante Erfolg eintritt oder der Aufwand sich auch hätte vermeiden lassen.

2. Im Einzelnen abzugsfähige geschäftsmässig begründete Aufwendungen


Geschäftsmässig begründete Aufwendungen, die sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene abzugsfähig sind, sind dabei insbesondere, aber nicht abschliessend:

  • Abschreibungen und Rückstellungen, soweit sie geschäftsmässig begründet sind und die Höchstabschreibungssätze nicht übersteigen (Art. 62 f. DBG und Art. 24 DBG in Verbindung mit Art. 10 StHG sowie Merkblatt der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV);
  • Steuern (Art. 59 Abs. 1 lit. a DBG und Art. 25 Abs. 1 lit. a StHG, abziehbar sind schon die für die laufende Steuerperiode mutmasslich geschuldeten Steuern, nicht aber Steuerbussen und Strafsteuern);
  • Zuwendungen an Vorsorgeeinrichtungen (d.h. Zuwendungen an Vorsorgeeinrichtungen zu Gunsten des eigenen Personals, die im Rahmen der Gewinnverwendung durch die General- oder Gesellschafterversammlung beschlossen wurden und noch nicht erfolgswirksam verbucht worden sind, sofern jede zweckwidrige Verwendung ausgeschlossen ist (Art. 59 Abs. 1 lit. b DBG und Art. 25 Abs. 1 lit. b StHG). Die Einzahlung muss spätestens im Folgejahr nachgewiesen werden. Ferner besteht die Möglichkeit, Arbeitgeberreserven bis zum Fünffachen der jährlichen reglementarischen Arbeitgeberbeiträge zu bilden.);
  • Freiwillige Zuwendungen für öffentliche und gemeinnützige Zwecke an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz (Art. 59 Abs. 1 lit. c DBG und Art. 25 Abs. 1 lit. c StHG, bei der Bundessteuer können maximal 20 % des Reingewinnes in Abzug gebracht werden. Die Abzugsmodalitäten wie explizite Spendenbescheinigung oder Verzeichnis der freiwilligen Zuwendungen sind kantonal geregelt.);
  • Rabatte und Rückvergütungen (Art. 59 Abs. 1 lit. d DBG und Art. 25 Abs. 1 lit. d StHG, Rabatte, Skonti, Umsatzbonifikationen und Rückvergütungen auf dem Entgelt für Lieferungen und Leistungen sowie Überschusszahlungen von Versicherungsgesellschaften);
  • Sonderabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwand (Art. 25a StHG, kantonal unterschiedlich);
    Rohgewinne aus Liegenschaftsverkäufen (Es handelt sich hierbei um Buchgewinne abzüglich der wiedereingebrachten Abschreibungen. Die Rohgewinne aus Liegenschaftsverkäufen werden bei Ersatzgrundstücken bzw. übernommenen Grundstücken durch Einbezug in die betreffende Gewinnberechnung als Teil des Gesamtgewinns besteuert);
  • Aufwendungen/Kosten für das Personal wie Löhne und Gehälter, Spesenentschädigungen, Sozialleistungen und ähnliche Aufwendungen für die Mitarbeiter:innen sowie die bundesrechtlich vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge);
  • Vorjahresverluste (vom massgebenden Reingewinn des Steuerjahres können Verluste aus sieben dem Steuerjahr vorangegangenen Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinnes dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten.).

 
Kosten, welche sowohl geschäftlich als auch privat zugerechnet werden können (z.B. Telefon, Auto etc.) sind bei den geschäftsmässig begründeten Aufwendungen unter Abzug eines angemessenen Privatanteils zu berücksichtigen.

Im jeweils konkreten Einzelfall ist es sodann denkbar, dass noch mehr Abzugsmöglichkeiten gegeben. Dies ist insbesondere möglich, falls die Gesellschaft Liegenschaften hält oder bei Vorliegen von Reingewinnen aus Patenten und vergleichbaren Rechten (sog. Patentbox).

3. Zur Abgrenzung: geschäftsmässig nicht begründete Aufwendungen


Geschäftsmässig nicht begründete Aufwendungen bestehen in Abgrenzung zu den geschäftsmässig begründeten Aufwendungen dann, wenn sie nicht zur Erzielung des Umsatzes (Ertrages) dienen, aktivierungspflichtig sind, Schuldentilgung darstellen oder der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen. Solche nicht geschäftsmässig begründete Aufwendungen werden zum ausgewiesenen Reingewinn hinzugerechnet. Als Beispiele seien hier aufgeführt:

  • Kosten für Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Gegenständen des Anlagevermögens (wie z.B. Gebäude, Anlagen, Maschinen), wobei diese nicht direkt dem Ertrag belastet werden dürfen, sondern zu aktivieren sind und über die Nutzungs-/Abschreibungsdauer belastet werden müssen;
  • nicht begründete Abschreibungen und Rückstellungen;
  • Rückzahlung von Schulden;
  • Bestechungsgelder im Sinne des schweizerischen Strafrechts an schweizerische oder fremde Amtsträger (vgl. Art. 59 Abs. 2 DBG und Art. 25 Abs. 1bis StHG).

 

21.01.2022, von MLaw Anina Linz, LL.M. und lic. iur. Alfredo Dellagiacoma Haben Sie Fragen oder möchten Sie wissen, wo ihre Abzugsmöglichkeiten liegen, dann kommen Sie auf uns zu. Wir beraten Sie gerne - zu Recht und zu Steuern. Sie erreichen uns sowohl per E-Mail (anina.linz@atag-law.ch bzw. alfredo.dellagiacoma@atag-law.ch) als auch unter +41 61 555 13 00. Mehr Informationen und Wissenswertes finden Sie auf unserer Website.

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MLaw Anina Linz, LL.M.
Junior Associate
T +41 61 555 13 45 | anina.linz@atag-law.ch

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lic. iur. Alfredo Dellagiacoma
Associate
T +41 61 555 13 60 | alfredo.dellagiacoma@atag-law.ch


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11.11.2021 | Vortrag von Prof. Dr. Nicole Conrad-Forker zum Thema "Ausgewählte Aspekte der Family Governance" im Rahmen der STEP Branch Basel Eventreihe

Unsere Expertin für Family Governance, Frau Rechtsanwältin Prof. Dr. Nicole Conrad-Forker, referiert im Rahmen der Eventreihe der STEP Branch Basel am 11. November 2021 zum Thema "Ausgewählte Aspekte der Family Governance". Währen des einstündigen Referates wird Prof. Dr. Conrad-Forker die Zuhörer:innen durch das interessante Thema führen und aufzeigen, weshalb eine massgeschneiderte Family Governance für Familienunternehmer und/oder wohlhabende Familien empfehlenswert ist und aus welchen Modulen sie sich zusammensetzt. 

STEP wurde 1991 als Vereinigung, bei welcher Trust-Spezialisten miteinander Kontakt pflegen können, gegründet. Heute vereint STEP erfahrene Praktiker, welche auf dem Gebiet der Nachlassplanung und der Trusts über eine reiche und qualifizierte Erfahrung verfügen. Das Bedürfnis nach dieser Vereinigung zeigt sich in der stetig zunehmenden Mitgliederzahl sowie in der Präsenz von STEP in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt. Erfahren Sie mehr über STEP auf seiner offiziellen Website.

Interessierten (Nicht-)Mitgliedern steht die Anmeldung noch offen.

 

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22.04.2021 | Modernisierung des Handelsregisterrechts mit Geltung ab 1. Januar 2021 | Ein Überblick

Mit Wirkung auf den 1. Januar 2021 hat der Bundesrat die neuen Vorschriften über das Handelsregister in Kraft gesetzt. Die Revision und Modernisierung bringt administrative Erleichterungen und eine Verschlankung der Regelungen. Die neuen Regelungen betreffen Anpassungen der Handelsregisterverordnung (HRegV), der Gebührenverordung für das Handelsregister (GebV-HReg) und des Obligationenrechts (OR).

Die neuen wichtigsten Änderungen im Überblick:

1.  Zugang zu weiteren Dokumenten: Neu können via zefix.ch nebst den bisherigen Einträgen auch Statuten und Stiftungsurkunden gebührenfrei eingesehen werden (vgl. Art. 936 Abs. 2 OR).

2.  Neue zentrale Datenbank: Für die Gewährleistung einer gesamtschweizerischen Identifikation der im Handelsregister eingetragenen Personen wird derzeit eine neue, zentrale Datenbank eingeführt. Bisher wurden die Personendaten dezentral bei den jeweiligen kantonalen Handelsregisterämtern gespeichert.

3.  Identifikation: Nebst der zentralen Speicherung erfolgt die Identifikation von natürlichen Personen neu via AHV-Versichertennummern. Letztere wird jedoch nicht öffentlich und nur für Behörden einsehbar sein. Davon zu unterscheiden ist eine sogenannte «Personennummer», die vergeben wird, um künftig gesamtschweizerisch nach Personen zu suchen.

4.  Erweiterung des Kreises der Anmeldeberechtigten: Die Handelsregisteranmeldung für eine Rechtseinheit ist neu auch durch bevollmächtigte Dritte (z.B. Treuhänder, Anwälte und Notare) möglich. Massgebend ist die Zeichnungsberechtigung, die bei Anmeldung beizulegen ist.

5.  Abschaffung der Registersperre: Sodann wird die Registersperre auf Verordnungsstufe (vgl. Art. 162 f. HRegV) abgeschafft und erfolgt nur noch gestützt auf die Zivilprozessordnung (ZPO) in Form von vorsorglichen Massnahmen (vgl. ZPO 262 lit. c ZPO).

6.  Unveränderte Übernahme des Gesellschaftszwecks: Neu muss der Zweck einer Gesellschaft unverändert und vollständig gemäss Statuten im Handelsregister wiedergegeben werden. Bisher konnten die Ämter textliche Kürzungen vornehmen, was fortan nicht mehr möglich ist.

7.  Überschreibung von GmbH-Anteilen: Die Abtretung von Stammanteilen einer GmbH zwischen Gesellschaftern wird teilweise von Formvorschriften befreit.

8.  Gebührensenkung: Die Gebühren wurden wegen dem künftig uneingeschränkt geltenden Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip um rund 1/3 gesenkt.  

9.  Rechtsschutz: Der Rechtsschutz für Verfügungen der Handelsregisterämter findet sich neu im Obligationenrecht (OR).

 Diesen Beitrag finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe unseres Kompaktmagazins "KMU kompakt". 

18.01.2021 | Zuzug in die Schweiz. Ein Überblick für Privatpersonen.

Die Einwanderung in die Schweiz hat tiefe historische Wurzeln und ist auch heute noch hoch im Kurs. Der hohe Lebensstandard, die wirtschaftlichen Vorteile, die Schönheit des Landes sowie gefestigte Grundwerte wie Vielfältigkeit und Offenheit, aber auch Neutralität, Zurückhaltung und Verlässlichkeit machen die Schweiz nach wie vor zu einem beliebten Auswanderungsziel.

Die Hintergründe für eine Verlegung des Wohnsitzes in die Schweiz können sehr vielseitig sein. Neben persönlichen Gründen ist namentlich eine Verlegung denkbar aus veränderter Erwerbstätigkeit oder Unternehmertum, Immobilienerwerb in der Schweiz sowie aus steuerlichen oder politischen Gründen. Für Privatpersonen ergeben sich bei der Wohnsitzverlegung in die Schweiz verschiedene, teilweise nicht auf Anhieb ersichtliche, Begleitfaktoren, deren Lokalisierung und Umsetzung durch eine professionelle Begleitung hinsichtlich der unterschiedlichen Ausgestaltung des jeweiligen Einzelfalls sehr zu empfehlen sind; Stolpersteine werden frühzeitig erkannt und aus dem Weg geräumt.

Der kürzlich im Mitgliederzeitschrift der Handelskammer Deutschland-Schweiz erschienene Artikel unserer Anwältin Frau Patricia Roberty und Herr Alfredo Dellagiacoma dient dem Überblick über sowohl rechtliche als auch steuerliche Aspekte der Verlegung des Wohnsitzes in die Schweiz aus Schweizer Sicht.

Lesen Sie hier weiter. 

22.05.2020 | Schweizer Urheberrecht - Der neue Lichtbildschutz

Am 1. April 2020 sind die Änderungen im Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG), welche vom Parlament im September letzten Jahres nach langer Vorarbeit verabschiedet wurden, in Kraft getreten. Die Gesetzesrevision bezweckt in erster Linie eine Anpassung des URG an das Internetzeitalter. Im Fokus der Revision standen Kompromisslösungen zur Stärkung und Durchsetzung der Rechte der Urheberin und des Urhebers in verschiedenen Bereichen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Interessen der Öffentlichkeit an einer unkomplizierten und angemessenen Nutzung – insbesondere hinsichtlich des Internets.
Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, der Leserin und dem Leser einen kurzen und zugänglichen Überblick über den neu eingeführten Lichtbildschutz zu verschaffen und so auf diese sensible Thematik aufmerksam zu machen.

Sind Google-Bilder tabu?
Gemäss dem bisherigen Schweizer Urheberrecht waren nur Fotografien als eigentliche «Werke» rechtlich vor unbefugten Zugriffen und Verwendungen jeglicher Art geschützt. Als Werk im Sinne des Urheberrechts gilt jegliche Schöpfung, bei der ein kreativer Spielraum besteht und dieser auch genutzt wird. Gemäss der Rechtsprechung kann die vorausgesetzte Kreativität im Falle von Fotografien unter anderem durch die Wahl des Winkels, der Belichtung oder anderer Einstellungen bzw. fotografischer Techniken erreicht werden. Generische Fotografien (bspw. einer landschaftlichen Szenerie) genossen deshalb bis anhin keinen urheberrechtlichen Schutz und konnten von Jedermann ohne Weiteres verwendet werden, so z.B. in den sozialen Medien als Profilhintergrundbild.

Derlei Verhalten dürfte fortan nicht mehr zulässig sein. Seit der Revision und der Einführung des Lichtbildschutzes sind sämtliche fotografische Wiedergaben dreidimensionaler Objekte den eigentlichen «Werken» gleichgestellt. Dies auch wenn sie keine im vorherigen Sinne genannten kreativen Schöpfungen darstellen. Fotografien ohne solchen individuellen Charakter können vielfältig sein. Darunter fallen z.B. alltägliche Familien- und Urlaubsfotos oder Produktbilder. Ebenfalls unter den Lichtbildschutz fallen der Fotografie ähnliche Erzeugnisse, bei denen ein Bild unter Benutzung strahlender Energie erzeugt wird. Als Beispiel seien hier Bilder genannt, die durch Infrarot- oder Röntgenstrahlen entstehen. Aber auch Einzelbilder aus visuellen und audiovisuellen Werken (wie z.B. des Stils eines Filmes) werden vom Anwendungsbereich des Lichtbild-schutzes erfasst. Nicht geschützt hingegen sind Fotografien, welche zweidimensionale Objekte wiedergeben. Somit werden Fotokopien von Texten und anderen zweidimensionalen Darstellungen nicht vom neu eingeführten Lichtbildschutz umfasst. Unklar bleibt, wie mit Grenzfällen umzugehen ist. So stellt sich die Frage, ob eine frontale Aufnahme eines dreidimensionalen Objektes, die dadurch wiederum zweidimensional wirkt, unter diese Neuregelung fällt.

Die Neuregelung hat zur Konsequenz, dass fremde Fotografien (bspw. über eine Suchmaschine heruntergeladen) nicht mehr ohne die Zustimmung der Urheberin oder des Urhebers – oder von diesem wiederum Berechtigte – verwendet werden dürfen (wie hochladen und zugänglich machen der Fotografien auf Social Media/Webseite/Newsletter). Wenn also künftig fremde Fotografien verwendet werden sollen, müssen diese entweder über die Urheberin oder den Urheber oder aber eine Verwertungsgesellschaft bezogen werden. Ein Nutzungseinverständnis ist erforderlich.

Von der besagten Nutzungsrestriktion ausgenommen ist die Verwendung von Fotografien durch natürliche Personen zum Eigengebrauch. Dazu zählt neben der Verwenderin und dem Verwender ein enger Kreis an Freunden sowie Familie. Diese Schrankenregelung wird aber keineswegs extensiv ausgelegt, weshalb gerade im Bereich der online Medien nur kleine und geschlossene Gruppen davon profitieren dürften.

Schutzdauer
Der Urheberrechtsschutz für die von der Neuregelung umfassten Lichtbilder dauert 50 Jahre ab dem Schöpfungsakt und ist damit wesentlich kürzer als diejenige für die eigentlichen «Werke», denen ein gesetzlicher Schutz von 70 Jahren nach dem Tod der Urheberin oder des Urhebers zustehen. Nicht nur erscheinen beide Schutzfristen angesichts der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit absurd lange, sondern sie betonen zusätzlich die Notwendigkeit der schwierigen Abgrenzung zwischen Fotografien mit Werkcharakter und generischen Fotografien.

Übergangsbestimmung
Dank der Übergangsbestimmung dürfen Fotografien, die bereits vor dieser Revision verwendet wurden und zu jenem Zeitpunkt nicht urheberrechtlich geschützt waren, also generische und nicht besonders individuelle Aufnahmen, in derselben Art und Weise weiterverwendet werden – jedoch nicht anders. Somit ist es bspw. erlaubt, eine auf Facebook bereits hochgeladene fremde Fotografie weiterhin auf der Seite zu belassen. Nicht erlaubt wäre es jedoch, dasselbe Bild auf einem anderen Social Media Kanal hochzuladen.

Kritische Würdigung
Das Bestreben des Bundesrates bestand darin, mit dem Lichtbildschutz die Rechtsicherheit zu verstärken und Fotografinnen und Fotografen besser zu schützen, um so einen zusätzlichen Anreiz für die Fotografie-Branche zu schaffen.

Jedoch waren bereits vor der Neuregelung die Anforderungen an den Werkcharakter von Fotografien tief. Vermochte der Fotograf ein Minimum an Fertigkeiten und Kreativität nachzuweisen, galt die Fotografie schon unter der alten Regelung als Werk. In diesem Sinne hat die Revision nur insofern zur Rechtsicherheit beigetragen, als nun sämtliche Fotografien geschützt sind. Die Schwierigkeit in Bezug auf die eingangs dargelegte Unterscheidung bleibt jedoch aufgrund der divergierenden Schutzdauern bestehen. Diese sind im Übrigen ohnehin fragwürdig, da sie mit der heutigen Schnelllebigkeit nicht mehr vereinbar und ökonomisch kaum gerechtfertigt sind.

Wichtige Fragen und Anpassungen blieben derweil unbeantwortet bzw. ausgelassen. So stellt sich das modernisierte Urheberrechtsgesetz nicht den Herausforderungen, die sich im Umgang mit Erzeugnissen «künstlicher Intelligenz» stellen. Es bleibt ungeklärt, ob nun die Programmiererin oder der Programmierer, eine allfällige Nutzerin oder allfälligen Nutzer oder eine andere beteiligte Person Urheberin resp. Urheber ist. Insofern bleibt fraglich, ob genügend Anreize bestehen, solche intelligenten Systeme zu produzieren, deren Erzeugnisse ihrerseits unter Umständen keinen Schutz geniessen.


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